Der Ibn Rushd Preis 2022
wird ausgeschrieben für:
Eine Institution oder eine Person, die die Religionsfreiheit in ihrer Region oder ihrem Land gefördert oder geschützt hat, einschließlich der Freiheit von Religion und der Möglichkeit, eine andere Religion zu wählen, und damit allen Arten von Sektierertum sowie dem Machtmissbrauch durch politische und religiöse Autoritäten entgegenwirkt.
In den Zivilisationen der arabischen Welt existierten im Laufe der Zeit auf vielen Ebenen religiöse Toleranz und Rechte an verschiedensten Orten, wobei die herausragendsten historischen Beispiele im kollektiven arabischen Gedächtnis sicherlich die Dynastien der Umayyaden und Abbasiden sowie Al-Andalus unter dem Kalifat von Cordoba (929-1031) waren. In dem von großer Toleranz geprägten Klima dieser Zeit blühten Wissenschaft, Literatur und Philosophie. Sowohl die klassische islamische Ethik und die Scharia als auch die religiösen Gesetze und Gerichte anderer Religionen, einschließlich des Christentums, des Judentums und des Hinduismus, existierten nebeneinander.
Aber erst im 20. Jahrhundert, in dem Verfolgung und Tötung aufgrund religiöser Überzeugungen einen schändlichen Höhepunkt erreichten, wurden die Menschenrechte formell bekräftigt und präzise ausformuliert. In der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte von 1948 wird die Religions- oder Glaubensfreiheit in Artikel 18 wie folgt definiert:
“ Jeder hat das Recht auf Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit; dieses Recht schließt die Freiheit ein, seine Religion oder seine Weltanschauung zu wechseln, sowie die Freiheit, seine Religion oder seine Weltanschauung allein oder in Gemeinschaft mit anderen, öffentlich oder privat durch Lehre, Ausübung, Gottesdienst und Kulthandlungen zu bekennen.“
Seither konnten viele Ländern der Welt bedeutende Entwicklungen in Richtung Religionsfreiheit verzeichnen. Aber obwohl sich Menschenrechtsorganisationen überall sich dafür einsetzen, das Recht auf Religionsfreiheit für alle Menschen auf der ganzen Welt zu fördern und umzusetzen, ist es immer noch ein weiter Weg.
Auch in der arabischen Welt ist gegenwärtig zu beobachten, daß diejenigen, die ihre religiösen Institutionen kritisieren harschen Beschuldigungen, Diskriminierungen und Bestrafungen ausgesetzt sind. Dies gilt ebenfalls für alle die sich weigern, jeglicher Religion anzugehören. Restriktionen werden oft von den Regierungen selbst, die häufig dazu neigen, die vorherrschende Religion und den religiösen Klerus zu benutzen um ihre Existenz zu legitimieren und ihre Führung durchzusetzen, verfügt.
Darüber hinaus nutzen Religionsgemeinschaften religiöse Regeln oft als Vorwand, um ihre Mitglieder sozial zu kontrollieren.
Neben der Ausbreitung von Sektierertum, sektiererischer Diskriminierung und Gewalt wird auch der Raum für diejenigen, die das Recht auf Nicht-Glauben beanspruchen – ein nach den Revolutionen des Arabischen Frühlings mit großem Nachdruck in Erscheinung getretenes Phänomen – stetig eingeschränkt, zumal Apostasie in vielen Ländern immer noch ein Kapitalverbrechen ist, das oftmals in der Hinrichtung endet.
Wir zollen den mutigen Frauen und Männern, Menschenrechtsaktivist:innen, Anwält:innen und Organisationen, und allen anderen, die sich um die Menschheit verdient machen, unseren Beifall und Respekt dafür, daß sie für die individuelle Gedanken- und Glaubensfreiheit eintreten und sich dabei selbst in große Gefahr begeben.
Der Ibn-Rushd-Preis 2022 wird daher ausgeschrieben für:
eine Institution oder eine Person, die die Religionsfreiheit in ihrer Region oder ihrem Land gefördert oder verteidigt hat – einschließlich der Freiheit von Religion und der Möglichkeit, eine andere Religion zu wählen, sowie der Freiheit vom Zwang, innerhalb derselben religiösen Gruppe zu heiraten – und somit nicht nur allen Arten von Sektierertum und dem Machtmissbrauch durch politische und religiöse Autoritäten entgegenwirkt, sondern den Pluralismus, die Toleranz und den gesellschaftlichen Frieden fördert.
Die Arbeit der Person oder Institution muss die Religionsfreiheit für alle nachhaltig gefördert und verteidigt haben, nicht nur für bestimmte Personen oder bestimmte Gruppen innerhalb einer Gesellschaft.
Jede:r kann einen Kandidaten vorschlagen, eine Nominierung pro Person. Nominierungen von Verstorbenen und Selbstnominierungen werden nicht berücksichtigt. Der unmittelbare Wirkungskreis der Kandidat:innen sollte in der arabischen Welt liegen; sie müssen keiner bestimmten Religion angehören.
Eine unabhängige Jury wählt aus den eingegangenen Nominierungen den Gewinner des Ibn-Rushd-Preises 2022 aus.
Für die Nominierung verwenden Sie bitte das Formular* (Link) und senden Sie Ihren Vorschlag an nomination@ibn-rushd.org. Bitte geben Sie eine Begründung an. Kandidaten können bis zum 10. Juni 2022 nominiert werden. Nominierungen können in Arabisch, Deutsch, Englisch oder Französisch verfasst werden. Mehrfachnominierungen erhöhen nicht die Chancen der nominierten Person.
* Der Ibn Rushd Fund kann nur Nominierungen bearbeiten, die mit einem Nominierungsformular eingereicht werden.
Das Preisgeld beträgt 2500 € und wird, wie der gesamte Preis, ausschließlich durch Beiträge und Spenden von Mitgliedern und Förderer:innen des Ibn Rushd Fund finanziert.
Der Ibn Rushd-Preis wird am 8. September 2022 im James-Simon-Saal des Pergamonmuseums in Berlin verliehen.
Wenn Sie mehr über frühere Preisträger des Ibn Rushd-Preises erfahren möchten, besuchen Sie bitte unsere Seite über den Ibn Rushd Preis.