Editorial – Heft 02 Sommer 2001

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Herzlich willkommen zur zweiten Ausgabe von Minbar IBN RUSHD li-l-Fikr al-Hurr! Wegen wachsender Beteiligung und Nachfrage können wir diese neue Ausgabe schon jetzt präsentieren, statt wie erwartet, erst im Herbst. Wir hoffen, dass wir weiterhin das Interesse unserer Leser wecken. 

Während im letzten Heft das Thema „Tranformationsprozesse in der arabischen Welt zwischen Tradition und Moderne“ den Rahmen für unser Forum bildete, ist in diesem Quartal das Wort „Globalisierung“ der Leitfaden. Gleich drei Beiträge beschäftigen sich mit dem Thema Globalisierung, jeweils aus einem anderen Winkel. So schreibt Prof. Dr. M. Fayek aus Ägypten, Generalsekretär der vor 17 Jahre ins Leben gerufenen Arabischen Organisation für Menschenrechte, über die Auswirkungen der Globalisierung auf die Menschenrechte in der arabischen Welt. In seiner ausgezeichneten Analyse der Situation wägt Fayek mit viel Detail und Insiderwissen Ursache und Wirkung ab und nennt Gründe für die allgemeine Skepsis, die arabische Intellektuelle trotz ihrer positiven Haltung zur europäischen Aufklärung haben. Der irakische Wirtschaftwissenschaftler Prof. Dr. Kadhim Habib (Arabisch-Europäisches Institut für Forschung und Kommunikation (ArEF) e. V., Berlin) ) stellt die Globalisierungsdebatte dar, wie sie seit Jahren in den intellektuellen und politischen Kräften geführt wird. Insbesondere analysiert er die Stellungnahme von drei politischen Lagern: den arabischen Linken, den arabisch-nationalistischen Kräften und den Islamisten, wobei es in diesen Lagern noch einmal Meinungsverschiedenheiten gibt. Professor Habib gibt in seinem Beitrag kein wertendes Urteil, seine Vorbehalte gegenüber den Prozeß der Globalisierung werden jedoch recht deutlich. Hier entnommen ein Zitat von ihm aus der Neuen Zürcher Zeitung: „Sie praktiziert eine erbarmungslose Einmischung, um die ‚absolute Freiheit‘ aufzuzwingen. Diese Freiheit aber ist einseitig. Sie kommt nur dem Fluss des Kapitals, dem Handelsaustausch, der Aufhebung der Zollschranken und anderen Wirtschaftsreformen zugute, damit die Ökonomien der verschiedenen Länder an die Bedürfnisse der multinationalen Konzerne angepasst werden können, ohne dass auf die Verhältnisse dieser Länder und ihre Probleme Rücksicht genommen werden muss. Und dieselben Nationen, die von günstigen Wirtschaftsstandorten in der Dritten Welt profitieren, verschließen ihre Grenzenvor Arbeitsmigranten – sofern es sich nicht gerade um hochqualifizierte Fachkräfte handelt. Die Globalisierung droht die Aufgaben des Staates zu verändern und ihn in einen reinen Verwaltungsapparat zu verwandeln, dessen Aufgabe sich auf die Sicherung der Grundlagen für die Aktivitäten der Privatwirtschaft und der Gewinne dieses Sektors beschränkt. Darüber hinaus werden dem Staat weiterhin seine militärische, sicherheitspolitische Rolle und das Gewaltmonopol belassen – auch mit der Option der Unterdrückung, um die Sicherheit und die Stabilität zu gewährleisten, welche für ausländische Investoren unerlässlich sind.“ (Neue Zürcher Zeitung, 6.3.2001)

Der Palästinenser Muhannad Ibrahim Abu Latifa, Chefredakteur der Zeitung Arab al-Youm in Berlin, glaubt in dem Mangel an einer allen arabischen Ländern zugrundeliegenden gemeinsamen Politik das größere Übel zu finden. Es fehle ein politisches Reformpacket, das die arabische Welt auf Globalisierung vorbereiten könne. Nur in der Politik sei die Lösung für die existierenden Probleme zu finden. In seinem Beitrag fasst er konkret die Meinungen vieler arabischer Intellektueller zusammen, die sich zum Problem der Globalisierung geäußert haben, wie Muhammad Abid al-Gabiri, Sadiq Galal al-Azm, Edward Sa’id, Galal Amin, Sayyid Yasin, Ismail Sabri Abdallah und andere.

Mit dem Beitrag des libanesischen Satirikers, Dichters  und Schriftstellers Sa’id Alameddin wird der Berliner Kulturverein al-Multaqa ath-thaqfi vorgestellt, eine Zusammenkunft engagierter Intellektueller, deren Ziele und Aktivitäten der Ibn Rushd Fund sehr begrüßt.
  Es folgen weitere Beiträge zur arabischen Kultur.Vom Orientalisten Dr. Hans-Peter Kunisch wird der Roman des berühmten sudanesischen Autors at-Tayyib Salich neu interpretiert, ein Werk, das nie genug erforscht werden kann und kein bisschen an Aktualität verloren hat.   
Die Journalistin Edna Yaghi, eine in Jordanien lebende Amerikanerin, erzählt in ihrer Geschichte „Our Violent Society“ das Statement eines Israelis nach, der über die Gewaltbereitschaft seiner Gesellschaft entsetzt ist. In „The Sons and Daughters of Liberty“ schreibt sie ihre eigenen Eindrücke über die Situation der israelischen Besatzung in Palästina. Bashar Humeid aus Jordanien, der bisher jüngste Autor in unserer Reihe, Student der Orientalistik am Institut für Politische Wissenschaft, Erlangen, stellt für uns das Leben und Werk des Romanautors Abdulrahman Munif dar. 

Am Schluß bringen wir eine Kurzgeschichte des in Berlin lebenden sudanesischen Frauenarztes und freischaffenden Autors Dr. Hamid Fadlalla. Dr. Fadlalla, von optimistischer Heiterkeit und toleranter Grundeinstellung geprägt, ist von seinem ganzen Wesen her bikulturell und engagiert sich seit Jahren für die Förderung von Kultur und der Unterstützung der Menschenrechte in der arabischsprechenden Welt.

Viel Spaß!

Dr. Abier Bushnaq

Editor in Chief 

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