Vorstellung des Preisträgers 1999: Al-Jazeera TV Channel

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Abier Bushnaq, Ibn Rushd Fund
 
Meine sehr geehrten Damen und Herren,

der Fernseh-Satelliten-Sender – Al Jazeera TV channel – wurde im November 1996 gegründet und strahlt seit 36 Monaten Nachrichten, Gesprächsrunden, Dokumentationen und Wirtschaftsbullettins von Qatar überregional für 215 Millionen arabische Zuschauer aus. Der private Sender nimmt sich aktueller Themen an. Es sind politische Themen, die in den meisten arabischen Ländern Tabu sind: Demokratie-Defizite, Menschenrechtsverletzungen, Religion, Fundamentalismus, die Lage der arabischen Frauen.

Politische Talk-Shows, Live-Streitgespräche waren bislang im arabischen Raum unbekannt. In lebhaften Diskussionsrunden streiten sich Gäste über Politik und Gesellschaft. Der Sender versucht, den verschiedenen Strömungen in der arabischen Welt ein Forum zu bieten: Linke und Konservative, Islamisten und Säkularisten, Regierungsvertreter und Dissidenten, alle können sich frei aussprechen. Das Motto des Senders ist schlicht: „Meinung und Gegenmeinung“ – „ar-Ra’i wa r-ra’i al-akhar„.

Die Titel der wichtigsten Programme:

Die gegensätzliche Richtung (al-ittigah al-mu’akis), 
Mehr als eine Meinung (Akhthar min Ra’y), 
Ohne Grenzen (duna hudud) und 
Religion und Leben (ad-Din wa ‚l-hayat),

um nur einige der populärsten Sendungen zu nennen.

Der Sender kann in 22 arabischen Ländern empfangen werden, von Algerien bis Ägypten, von Syrien bis Yemen, selbst bis Saudi Arabien. Nur in den Irak kann man ihn nicht empfangen, da Saddam Hussein die Benutzung von Satellitenschüsseln nicht erlaubt.

Nach einer Statistik der arabischen Zeitung al-Quds sehen allein in Palästina 4/5 der Fernsehzuschauer täglich die Nachrichten des Fernsehsenders al-Jazeera.
Das liegt wohl daran, daß der Sender sich sehr unterscheidet von den anderen Medien im arabischen Raum. Die Massenmedien in der arabischen Welt sind fast durchweg der Einflußnahme des jeweiligen Herrschers ausgesetzt, der sie als Legitimation und Sprachrohr seiner Politik benutzt. Ein demokratischer Diskurs über aktuelle Fragen findet nicht statt, die Opposition hat kein öffentliches Forum.

Muhammad Jasem Al-Ali, der Programmdirektor des Senders, beschreibt die Grundsätze Al Jazeeras folgendermaßen: „Es gibt zu viele Tabus bei anderen arabischen Sendern. Wir kennen keine Tabus, unsere Zuschauer haben ein Recht auf Wahrheit.“

Und ein Recht, ihre Meinung öffentlich zu äußern: häufig gibt es für Zuschauer die Möglichkeit, innerhalb einer Sendung telefonisch ihre Meinung kundzutun. Das Bedürfnis der Menschen nach Wahrheit ist groß.

„Bei uns können die Leute sagen, was sie wollen. Wir fühlen uns keiner Regierung verpflichtet“, so umschrieb ein Moderator das Konzept von al-Jazeera.

„Menschen lieben uns dafür, andere hassen uns. Nur ignorieren kann uns keiner“ sagt der Moderator Ahmad al-Shuli.

Al Jazeera ist wie ein Virus, der sich ausbreitet, ein Virus mit positivem Einfluß auf die Meinungsfreiheit in anderen arabischen Ländern„, sagt Sheik Hammad Ben Thamer Al-Thani, der Vorsitzende von Al Jazeera TV. Andere sagen, der Sender sei „gefährlich„, er sei ein „Angriff auf die arabische Moral.“ Man befürchtet eine Kulturrevolution. Die New York Times feiert al-Jazeera als „Sensation.

In einem Zeitungsinterview sagte Emir Scheich Hamad bin Khalifa al-Than, Amir von Qatar und Gründer des Senders, al-Jazeera soll der Region „mehr Sauerstoff zum Atmen“ geben.

What a headache!“ sagte er. „It causes no end of problems, but all the same I think of it as a kind of oxygen, invigourating our thinking„.

Al-Jazeera ist eine Schule der Demokratie.

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