Der Ibn Rushd Preis 2018/9 ist ausgeschrieben für:
eine/n Karikaturisten/in der oder die gegenwärtige politische, religiöse oder gesellschaftliche Führungspersönlichkeiten oder Autoritäten kritisiert.
Eine Karikatur ist eine übertriebene Zeichnung, die nachteilige Merkmale des Dargestellten hervorhebt, um es zu kritisieren. Diese Art der Kritik scheint tief verwurzelt im menschlichen Geist – Historikern zufolge ist die Kunst der Karikatur bereits im Steinzeitalter nachweisbar. Die alten Ägypter waren die ersten, die ihre kritischen Bilder zu Papier (Papyrus) brachten, und werden daher als Pioniere der politischen Karikatur betrachtet; aber Karikaturen waren auch unter den Zeichnungen der Babylonier, Griechen, Römer, Sumerer und Assyrer zu finden.
Karikaturen wie wir sie heute kennen wurden jedoch erst nach der Erfindung der Druckpresse in Europa bekannt, die ihren Einfluss enorm verstärkte. Unter den ersten Karikaturisten war Leonardo da Vinci, und Martin Luther bekämpfte den Vatikan, indem er ihn in Karikaturen ins Lächerliche zog. Aber erst die Französische Revolution sorgte dafür, dass liberale Ideen durch politische Karikaturen in Europa weit verbreitet wurden. Dieser kurze historische Einblick veranschaulicht, welche Bedeutung die Karikatur auf die Entwicklung der Demokratie hatte, und wie eng folglich die Beziehung zwischen beiden noch heute ist.
In der arabischen Welt verzögerten osmanische und westliche Kolonisierung die Verbreitung von Druckpresse und dadurch die Karikaturen. Im Ägypten des Jahres 1877 führte Yaqoub Suno Karikaturen in die arabische Zeitungslandschaft ein durch das erstmalige Erscheinen von „Abu Ndara“, einer Zeitschrift voller sarkastischer Zeichnungen, welche die Herrschaft von Khedive Ismail und seinem Sohn Tawfig verhöhnten. Andere Zeitschriften mit Karikaturen folgten während der britischen Besatzung von Ägypten bis zur Revolution von 1919, als die Briten sie alle verboten. Weitere Wellen folgten – in den frühen 1930ern, nachdem Ägypten politische Unabhängigkeit erlangt hatte, sowie nach der Niederlage der Araber im Krieg gegen Israel 1967.
Die politische Karikatur verbreitete sich in der gesamten arabischen Welt: die wichtigste Zeitschrift Syriens, die Karikaturen veröffentlichte, hieß „Der weinende Komödiant“ und wurde bis 1966 gedruckt. Im Libanon war „Aldbor“ die bedeutendste Zeitschrift, im Irak „Haysbuz“ – beide hatten beträchtlichen Einfluß aufgrund der Rolle, die sie im politischen Leben und im Leben gewöhnlicher Leute spielten.
Karikaturisten werden inspiriert von politischen, ökonomischen Gegebenheiten und sozialen Notwendigkeiten. In der arabischen Welt war der israelisch- arabische Konflikt eines der Hauptthemen in Karikaturen, aber auch Frauen- und Kinderrechte, sowie der Widerstand gegen repressive soziale Normen oder gegen die politische und religiöse Obrigkeit.
Redefreiheit ist selten in der arabischen Welt, und sich herrschenden Meinungen oder Regimes zu widersetzen wird schwer sanktioniert; Karikaturisten arbeiten unter hohem Druck und riskieren oftmals ihre Freiheit oder sogar ihr Leben. Viele von ihnen wurden für ihre Meinungen inhaftiert, gefoltert oder sogar hingerichtet.
Der Ibn Rushd Preis 2018 wird daher ausgeschrieben für
eine/n Karikaturisten/in der oder die gegenwärtige politische, religiöse oder gesellschaftliche Führungspersönlichkeiten oder Autoritäten kritisiert, und dabei ihre repressiven, autoritären, sektiererischen und/oder diskriminierenden Standpunkte, Gedanken oder Benehmen lächerlich macht.
Die oder der Karikaturist/in beabsichtigt mit diesem Vorgehen, Humanismus, Menschenrechten und Freiem Denken gehörende Grundsätze zu stärken. Die Karikaturen müssen einen hohen Verbreitungsgrad haben.
Jeder kann eine Kandidatin/ einen Kandidaten nominieren (außer sich selbst, eine Nominierung pro Person, keine Nominierungen für verstorbene Personen). Der aktuelle Einflussbereich des Kandidaten/der Kandidatin muss in der arabischen Welt liegen.
Eine unabhängige Jury wird die Gewinnerin/ den Gewinner des Ibn Rushd Preises 2018 aus den nominierten Personen auswählen.
Um eine Person zu nominieren benutzen Sie bitte dieses Formular*(link) und senden uns Ihren Vorschlag an nomination @ ibn-rushd.org.
Bitte fügen Sie eine Begründung für Ihren Vorschlag hinzu. Kandidaten können bis zum 30. Oktober 2018 nominiert werden.
Nominierungen können Sie uns gerne auf Arabisch, Französisch, Englisch oder Deutsch zukommen lassen.
* Der Ibn Rushd Fund kann nur Nominierungen berücksichtigen, die mit diesem Formular gesendet wurden.
Das Preisgeld beträgt 2500€ und wird, wie der gesamte Preis, komplett von Spenden unserer Mitglieder und Unterstützer*innen finanziert.
Falls Sie mehr über die vorherigen Gewinner*innen des Ibn Rushd Preises wissen möchten, folgen Sie bitte diesem Link: Ibn Rushd Preis
Ibn Rushd Fund for Freedom of Thought
Martin-Opitz-Str.20
13357 Berlin
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Tel. +49 (0) 30 296 06 85
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