Editorial – Heft 15 Frühjahr 2014

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Liebe Leser,

Das Thema der arabischen Revolution und der aus ihr sich entwickelten Geistesströmungen und politischen Folgen war über mehrere Ausgaben hinweg und ist nach wie vor Gegenstand unseres Interesses. Unser Magazin hat von jeher den dringenden Aufruf zur Veränderung unterstützt und hält daran fest.
In dieser Ausgabe werden einige der komplexen Probleme in der arabischen Welt behandelt. Die Herangehensweise bewegt sich dabei vordergründig zwischen Wissenschaft und realer Politik.

Der palästinensische Schriftsteller Ahmad Harb sagt in seinem literarischen Essay „Die palästinensische Literatur nach Oslo: Ein Zeitzeugnis“:
Charakteristisch für die palästinensische Literaturszene nach dem Oslo-Abkommen ist ein starkes Bedürfnis, an allem, was historisch belegt und strategisch wichtig ist bei der Wiedererzählung der palästinensischen Geschichte festzuhalten, auch wenn dies manches Mal bei den Autoren zu Wiedersprüchen mit der eigenen Identität führen kann – unter dem Vorwand der angeblichen Notwendigkeit, sich der vorherrschenden Kultur anzupassen – und manches Mal die Autoren ausgrenzt, isoliert und entfremdet.“

Anlässlich des 150 jährigen Jubiläums der Veröffentlichung von Darwins Buch „Origin of Species“ diskutiert der Autor Habib Abd ar-Rabb Sururi in seinem Essay „Darwins Evolutionstheorie: Verstaubte Hypothese oder leuchtende Realität“ die Rezeption von Darwins Theorie, welche eine Kontroverse von unvergleichbarem Ausmaß auslöste, die mehr als ein Jahrhundert andauerte, da sie eine der sensibelsten und wichtigsten Fragen menschlichen Lebens stellt, nämlich die Frage nach dem Geheimnis seiner Daseins.

Obwohl der Artikel über die „Arabischen Turbulenzen“ von Volker Perthes vor über einem Jahr geschrieben ist, ist das, was er darin beschreibt, für die gegenwärtige Situation, im dritten Jahr seit Beginn der arabischen Revolution bzw. des arabischen Frühlings, immer noch brandaktuell. Es ist eine interessante wissenschaftliche Analyse, die sich auf die Demographie als wichtigen Auslöser der Revolution konzentriert und die Rolle der Zentren der Macht im Nahen Osten analysiert. Der Autor ist der Auffassung, dass der Prozess der Veränderung – früher oder später – vor keinem arabischen Land mehr Halt machen wird.

Der palästinensische Denker und Schriftsteller Ahmad Barqawi greift in seinem Essay das Thema „Macht und die Ausbeutungsmentalität“ auf. Er schreibt:
„Die meisten Menschen, die politisch tätig sind, begreifen nicht, dass die wichtigsten Aufgaben nicht darin bestehen, die Macht zu wechseln, sondern einen Rechtsstaat im politischen und rechtlichen Sinne aufzubauen, in dem es politisch unabhängige Institutionen ermöglicht wird, zu gedeihen.“
Mit dem Thema „Die marokkanische Jugend zwischen individuellem und kollektivem Ich“ befasst sich der marokkanische Forscher Abu Azm Salah al-Din:
„Die Diskussion über den Maghreb führt uns immer wieder zu wirtschaftlichen Aspekten und zu den Integrationsmöglichkeiten, die es gibt, um einen Nutzen für die ganze Gesellschaft zu erbringen. Aber sind wir jemals tiefer als das gegangen? Haben wir uns je über den Marokkaner als Individuum, über seine Kultur, seine Geistesgeschichte Gedanken gemacht? Haben wir lediglich versucht, im Unvergänglichen zu investieren? Will man jetzt doch – daraus folgernd – in Menschen investieren, so stellt sich die Frage, womit die maghrebinische Gesellschaft sich am deutlichsten auszeichnet und was sind ihre Probleme heute? Worin besteht die Rolle der nachfolgenden Generationen in der Erziehung einer jungen Generation der Aufklärung, die die Basis eines starken Maghreb bilden kann?“

Heinz Bude eröffnet eine öffentliche Debatte über die Ungleichheit in der Bildungspolitik. Soziale Exklusion ist seiner Meinung nach weder auf gesellschaftliche Benachteiligung zu reduzieren, noch durch relative Armut zu erfassen. „Sie betrifft vielmehr die Frage nach dem verweigerten oder zugestandenen Platz im Gesamtgefüge der Gesellschaft.“ Die Migrationsverlierer, das sind in den Augen der „zivilisierenden“ Mehrheitsklasse unserer Gesellschaft jene, die sich zu einer Gefahr für den sozialen Zusammenhalt insgesamt entwickeln. Bude beschreibt das Phänomen des sozialen Ausschusses einiger Gruppen, insbesondere die Benachteiligung von Kindern mit Migrationshintergrund, und geht den Ursachen der Chancenungleichheit nach.

Schließlich gibt uns Hamid Fadlallas Rezension Einsicht in das Buch „Demokratisierung im Sudan“ von Haidar Ibrahim Ali. Der Autor spricht vom Konflikt im Sudan zwischen Moderne und Tradition, zwischen Veränderung und Konservatismus. Es ist eine wichtige kritische Studie und Dokumentation der modernen politischen Geschichte des Sudans.

Wir möchten daran erinnern, dass wir Ihre Beiträge begrüßen, seien es Essays für das Magazin, oder auch Meinungen und Ratschläge.

Wir wünschen viel Spaß beim Lesen!

Dr. Abier Bushnaq

Redaktion

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