Editorial – Heft 09 Herbst 2006

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Liebe Leser!

Vor dem Hintergrund der in der  arabischen Welt andauernden Kriegssituation kommt der Frage der Integration einwandernder Araber eine größere Bedeutung zu. Ist die Integration in einer Krise? Hamdi Fadlalla rekonstruiert das Verhältnis der Muslime zu ihren Gastland Deutschland über die Zeiträume 1900-1971, 1973-1988, 1989-2004 und 2004-heute und analysiert allgemein zu beobachtende Tendenzen, um auf bestehende Mängel hinzuweisen und den Weg zu einer für Alle akzeptablen Lösung zu finden, basierend auf  Toleranz und gegenseitiges Respektieren.

Im Rahmen einer von der Tunesischen Gesellschaft für internationale Beziehungen organisierten und von der Friedrich Ebert Stiftung finanzierten Tagung zum Thema „Die europäisch-maghrebinische Beziehungen zwischen Kooperation und Nachbarschaft“ (22.-23. Mai 2006) sprach Abdallah Turkmani über die Ursachen der Auswanderung, über die Sorge und Verantwortung westlicher Länder und ihre widersprüchliche Einwanderungspolitik. Eine Lösung sieht der Autor nicht in der Abschottung gegen Migranten, sondern in einem gemeinsam von allen Ländern erarbeiteten Programm, angefangen von der Einwanderungspolitik bis hin zur Entwicklungshilfe der Heimatländer.

Die lang anhaltende Debatte über die Mohamed-Karikaturen wird vor allem in Europa immer wieder aufgegriffen, um sich über die Humorlosigkeit und Überempfindlichkeit der Muslime lustig zu machen. „Aber soll man sich deswegen zensieren und immer auf ihre Empfindlichkeiten Rücksicht nehmen?“ Diese Frage widerspiegelt die grundlegende Stimmung. Hamid Fadlalla berichtet über einige liberale Stimmen in der auch in muslimischen Kreisen geführten Mohamed-Karikaturen-Debatte. 

Die arabische Welt hat Reformer nötiger denn je. Ein Mann, der sich in den letzten Jahren mit neuen Gedanken hervorgetan hat, ist Tariq Ramadan. Der allerdings wird vom Islamwissenschaftler und Politologen Ralph Ghadban nun zum Islamisten degradiert. In seiner Besprechung von Ralph Ghadbans Buch „Tariq Ramadan und die Islamisierung Europas“ (erschienen 2006 im Verlag Hans Schiler, Berlin) kritisiert Hamid Fadlalla Ghadbans scharfe Verurteilung des im arabischen Raum als liberal geltenden Denker Tariq Ramadan. 

In einem weiteren Beitrag spannt Peter Göpfrich vom Deutschen Industrie- und Handelskammertag
 den weiten Bogen vom goldenen arabischen Zeitalter in Andalusien bis zur Gegenwart, um das Verhältnis der arabischen Welt mit der Technik zu beleuchten. Dass die technischen Entwicklungen tief in die Verhaltensweisen einer Gesellschaft eingreift und das Verhältnis von Staat und Gesellschaft ins Wanken bringt, ist unumstritten. Das Internet fördert den freien Austausch und führt eine Zensur ad absurdum… „Bluetooth lüftet den Schleier“… eine durchaus positive Sichtweise der Globalisierung.

Sollt ich nicht ein Gleichnis brauchen,
Wie es mir beliebt?
Da uns Gott des Lebens Gleichnis
In der Mücke gibt.

Dieses Gleichnis von der Mücke, die Mahnung, „Gottes Größe im Kleinen“ zu erkennen, die Goethe aus der Koran-Übersetzung Hammers kannte, setzte er in diesen Vierzeiler – ein Nachlassgedicht zum West-Östlichen Divan – um. Bienen, Spinnen, Ameisen, Wiedehopfe, Kamele und Kühe… Was bedeuten sie im Koran? Dazu zum Abschluss ein Beitrag von Peter-Anton von Arnim. 

Viel Spaß beim Lesen

15.10.2006

Abier Bushnaq
(Herausgeberin)

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